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Mitgliederförderung - Förderzweck
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Die Frage:
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In unserer Genossenschaft gibt es
immer wieder Unklarheit über die Mitgliederförderung. Der Aufsichtsrat
vertritt den Standpunkt, dass der Förderzweck nicht nur den Unternehmensgegenstand
betrifft, sondern auch viel weiter gehen kann. …
Der Vorstand ist – andererseits - sogar
der Auffassung, dass die Mietpreise für Wohnungen für alle Mieter – egal ob
Mieter oder Mitglieder-Mieter – gleich sein müssten. Er argumentiert damit,
dass die Mitglieder an Ausschüttungen teilnehmen und Nicht-Mitglieder davon
ausgeschlossen sind. ...
Der Vorstand verweist auch auf die
Volksbanken. Dort müssten sogar die Mitglieder Gebühren für Kontenführung
bezahlen und die Kredite seien auch für Mitglieder und Nichtmitglieder
gleich. Nun bin ich selbst Mitglied einer Volksbank und erkenne tatsächlich
nicht, wie man dort die Mitglieder fördert. Ich zumindest erkenne keinen
Unterschied.
Aber das kann wohl kaum der Maßstab
sein, den wir bei uns anlegen sollten …
Der aktuelle Konfliktpunkt ist,
dass der Aufsichtsrat zur nächsten Generalversammlung eine „Förderrichtlinie
für Mitglieder“ zur Beschlussfassung vorlegen wird und der Vorstand bereits
signalisiert hat, diese nicht anzuerkennen, auch wenn es zu einem Beschluss
kommen sollte. Er meint, die Mitglieder hätten kein Recht, einen Beschluss zu
fassen, der z.B. ein Initiativrecht für Mitglieder zur Art der Förderung
vorsieht und den Vorstand verpflichtet, im Rahmen der Berichterstattung an
die Mitglieder einen eigenständigen „Förderbericht“
zu geben und die
Mitgliederförderung in Form einer „Förderbilanz“ dazustellen. …
Gibt es eine Möglichkeit, einen
solchen Konflikt abzuwenden, ohne dafür die Gerichte zu bemühen?
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(FragestellerIn – Vorsitzender des Aufsichtsrates einer Wohnungsbaugenossenschaft
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Die Antworten
– Ein Auszug:
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Die Pflicht zur Mitgliederförderung
ist der zentrale Unterschied
zwischen einer Genossenschaft und einem Unternehmen anderer Rechtsform.
Im Umkehrschluss müsste man
eigentlich die Frage stellen, ob ohne die Mitgliederförderung eine
Genossenschaft überhaupt zustande kommen
oder als solche weiterhin bestehen kann bzw. darf. …
Die Mitgliederförderung bezieht
sich nicht auf die Genossenschaft als solche, sondern auf die Förderung der Wirtschaft
ihrer Mitglieder.
Es gibt im Gesetz weder
Festlegungen noch Hinweise darauf, was unter „Förderung“ zu verstehen ist.
Der Gesetzgeber überlässt – zu Recht – den Mitgliedern selbst zu entscheiden,
wie das aussehen soll ….
Diese Mitglieder artikulieren über den
Genossenschafts-Souverän
(Generalversammlung), in welchem Umfang,
in welcher Form und sogar durch wen dies geschehen soll. Die
Genossenschaft kann mit der Umsetzung der Förderung deshalb auch Dritte
beauftragen.
Der Unternehmensgegenstand wird
spielt für den Förderzweck sicherlich eine wichtige Rolle, denn er bildet die
Grundlage, zu der sich die Mitglieder entschlossen haben, Mitglieder zu
werden….
In einer Wohnungsgenossenschaft
bezieht sich das besonders auf Qualität, Preis und Nutzung einer Wohnung. Wir
würden das als „Basis- oder
Kernförderung“ bezeichnen. Als „Zweiten
Förderkreis“ würden wir solche Förderungen sehen, die einen aus dem
Unternehmens-Gegenstand abgeleiteten Bezug haben. Wir nennen das auch die „erweiterte Basis-Förderung“. Hierzu
könnte man z.B. eine vorteilhafte Energie-Versorgung oder zusätzlich Betreuungsaktivitäten
für Mitglieder nennen.
Als „Drittes Förder-Element“ – sozusagen die eher allgemeine Gemeinschafts-Förderung –
wird der Vorteil gesehen, den die Mitglieder dadurch erreichen können, weil
sie als Gruppe nach außen auftreten und wirken. Das könnten z.B. der
Abschluss von Rahmenvereinbarungen sein oder andere Vorteile, die sich eben daraus
ergeben, dass die Mitglieder in oder als Gemeinschaft
handeln. Dazu können auch z.B. die Nutzung von „Card-Systemen“ gehören, die
Einkaufsvorteile bieten. …
Dass der Förderzweck kein
statisches, sondern ein sehr dynamisches
Element ist bzw. sogar sein muss,
ergibt sich aus der Natur der Sache, dass Wirtschaft einem ständigen Wandel
unterliegt.
Zu Recht hält sich das
Genossenschaftsgesetz deshalb auch damit zurück, zu dieser zentralen, ja
sogar entscheidenden Figur für jede Genossenschaft, wie der Förderung, auch nur Hinweise oder Beispiele
anzudeuten. Auch, wenn man meinen könnte, das sei geschehen, weil jede
Art/Segment von Genossenschaft unter „Förderung“ etwas anderes verstehen
könnte, wäre diese „grundlegende Enthaltsamkeit“
eigentlich nicht nachvollziehbar. …
Es mag sein, dass eine
Agrargenossenschaft andere Förderzweck-Ausprägungen hat, wie eine
Wohnungsbau- oder gar Bankgenossenschaft, dennoch hätte das nicht zu dieser so
konsequenten bzw. strikten „Aussage-Enthaltsamkeit“
zur Förder-Thematik führen müssen. Für jede Art von Genossenschaft gäbe es
durchaus verallgemeinerbare Formulierungen zu finden, wie z.B. eine
Berichterstattung nebst weiterer Intentionen. …
Aber „Fehlanzeige“, der Gesetzgeber
übt sich ausgerechnet in der zentralsten
Figur des GenG in einer (ungewohnt) kompletten „Enthaltsamkeit“.
Was könnte das Motiv einer solchen Zurückhaltung gewesen sein?
Wenn wir „Versehen“ ausschließen
können, muss das Motiv eher etwas mit Absicht
zu tun haben!
Der Gesetzgeber unterstellt
offensichtlich, dass die Formulierung des Grundsatzes „Förderung der
Mitglieder“ als eine Art „Generalklausel“
zu sehen ist, die sozusagen einen „interpretatorischen
Grund-Charakter“ für alle
Normen des GenG impliziert. …
Das könnte dann sogar heißen, dass
– ohne dies besonders erwähnen zu müssen – z.B. Verstöße nach § 34 oder 41
GenG gegeben sein könnten, wenn das „Förder-Gebot“ unberücksichtigt bleibt.
Genereller formuliert könnte man
sagen, dass alle
Gremien-entscheidungen unter einer Art „Förder-Vorbehalt“
stehen. Anders ausgedrückt, würde das heißen, dass dem Grunde nach j e
d e Entscheidung, jeder Beschluss,
sich daran zu messen hat, in wieweit dadurch das „latente Förder-Gebot“ positiv oder negativ tangiert wird. ….
Wer unter diesem Anspruch „Verfassungen“ (Satzungen) von
Genossenschaften beurteilt, ist überrascht, wie wenig dort über das „Fundamental-Prinzip“ (Förderung) ausgeführt
wird. Auch Geschäftsordnungen sind nicht gerade „auskunftsfreudig“ bezüglich
einer Konkretisierung des „Fundamentals“, also der „Essenz“ der konkreten Genossenschaft. …
Kann man bei fehlenden
„Regelungs-Konkretisierungen“ in Satzung oder Geschäftsordnung von dem
Grundsatz ausgehen:
·
Was nicht
näher geregelt ist, findet nicht
statt!?
Eine solche Haltung oder
Einstellung kann eigentlich nicht
im Interesse der Gremien liegen,
denn sie würden – im Falle eines Konfliktes – (deshalb) in eine schwierige Lage geraten, weil dann
(fast) jede ihrer Entscheidungen (aktiv oder durch Unterlassung) unter dem „Vorbehalt der förderwirtschaftlichen Nachprüfung“
stünde. …
Eigentlich sollte man Vorständen
und Aufsichtsräten dringend empfehlen, aus eigenem Interesse, auf das Vorhandensein von konkretisierenden
Förderungs-Regelungen zu drängen. Das ist wohl das Gegenteil, wie es heute
(noch) von den Gremien gesehen wird. Sollte es dazu jedoch Urteile, gar
verfassungsrechtliche Entscheidungen geben, könnte diese (derzeitige) Passivität
leicht zum „Bumerang“ werden. …
Genauso irritiert ist man jedoch,
wenn man sich in Satzungen den Katalog „Rechte
/ Pflichten der Mitglieder“ anschaut. Auch hier, in Bezug auf das
essenzielle Thema „Mitgliederförderung“ irgendwie „Sendepause“. …
Ist das nun Gleichgültigkeit,
großes Vertrauen in die Geschäftsführung oder schlichtweg nur Unkenntnis? …
Wir gehen hier eher davon aus, dass
es Unkenntnis ist. Was jedoch die Frage aufwirft, weshalb dazu die Genossenschafts- und/oder
Prüfungsverbände, also die zu vermutenden „Profis“ in Sachen
„Förder-Recht“, sich irgendwie in Schweigen oder Ignoranz hüllen. Wer sich
unter diesen Prämissen Prüfungsberichte anschaut, wird überrascht, dass zum
Thema „Förderung der Mitglieder“ kaum etwas gesagt wird. …
Dabei ist doch genau die
Mitglieder-Förderung die Grundlage dessen, weshalb das Prüfungsrecht - in der praktizierten Form - staatlich
verliehen und in ihrer Besonderheit immer wieder als notwendig und richtig
betont wird. Wer jedoch damit so oberflächlich bis ignorant umgeht, sollte
eigentlich froh sein, dass bisher „nur“ dieses Prüfungsprivileg in Kritik
kam. Es hätte auch schlimmer kommen können, wenn solchermaßen Unterlassungen
auf möglichen Schadenersatz
überprüft würden ….
Also ein Fall für die
Rechtsaufsicht der Verbände?
Eigentlich schon, aber auch hilfreich?
Nun könnte man sagen, irgendjemand
müsse ja feststellen, ob etwas „richtig oder falsch“ sei und das dann
„abstellen“ (lassen). …
Wäre aber das wirklich im Sinne des
Gesetzgebers und der Intention des
Gesetzes?
Wir würden davor warnen, diesen Weg
zu gehen, denn er könnte zu dem – ungewollten – Ergebnis führen, dass die
(gewollte) Souveränität der
Mitglieder eingeschränkt würde. Jeder „Ruf“ nach dem Gesetzgeber ist
eigentlich zugleich eine Art „Verweigerungshaltung“,
die latent vorhandene und gesetzlich gewollte Chance zu mehr Selbstverantwortung
noch weiter wegzuschieben. …
Wir würden eher einen Weg darin
sehen, Maßnahmen zu ergreifen, endlich die (bewusste) Offenheit zur Konkretisierung
mit Inhalten als Chance zu sehen und dann mit Leben zu füllen!
Dazu könnten Regelungen, wie Sie
von Ihnen zu Recht initiiert wurden, sehr dienlich sein. Der Einstieg in das
Förder-Thema kann in der Tat durch die Schaffung einer eigenständigen Förder-Richtlinie geschaffen werden.
Achten Sie jedoch bitte darauf, dass Sie das „Kind nicht mit dem Bade
ausschütten“. Damit meinen wir, dass es wenig Sinn macht, nunmehr alle
möglichen Arten und Formen von „Förderung“ aufzulisten und damit zwei
Probleme zu „riskieren“:
·
Sie
verkennen, dass Förderung ein dynamischer Prozess ist, der einem stetigen
Wandel unterliegt. Was heute im Kontext von Förderung Priorität bei den
Mitgliedern hat, kann morgen bereits „sinnwidrig“ sein. Deshalb empfiehlt
sich keine „enumerative“, sondern eher eine beispielhafte, allgemeiner
gehaltene Formulierung – sozusagen - eine Art „Generalklausel“, die es ermöglicht, aktuelle Beschlüsse der
Generalversammlung aufnehmen zu können.
·
Das
Förder-Prinzip – was klar erkannt und beachtet werden muss – ist kein „Spielfeld“ für „ich wünsch mir
was“. Der Grundsatz, dass nur gefördert werden kann, was die
Zukunftsfähigkeit der Genossenschaft nicht gefährdet, sollte strikt
berücksichtigt werden. Das könnte z.B. damit erreicht werden, dass man einen
gemeinsamen „Förder-Ausschuss“
einsetzt, in dem sowohl die Geschäftsleitung, wie auch Aufsichtsrat und
(qualifizierte) Mitglieder vertreten sind. „Neutralen Sachverstand“ einzubeziehen ist möglich und sinnvoll,
denn es ist ein Beratungs- und kein Gestaltungs-Gremium und kann deshalb auch
Nicht-Mitglieder umfassen.
Eigentlich nicht nachvollziehbar
ist, weshalb sich „Ihr“ Vorstand gegen etwas sperrt, was die Essenz der
Genossenschaft ausmacht. Wir würden empfehlen, dazu dringend den gemeinsamen
Diskurs zu wählen und zunächst den Vorstand aufzufordern darzulegen, weshalb er zu dieser – unverständlichen –
Blockadehaltung kommt, die ihn in arge Probleme bringen könnte, weil er
offensichtlich nicht verstanden hat, dass genau dies das Kernstück – und die wirkliche Chance – dieser
Unternehmensform ist, die er nicht sieht oder sehen will. …
Wir wissen, dass viele Manager –
gerade bei Genossenschaftsbanken – fast blindwütig sich darauf konzentrieren,
dass „Förderung“ Nachteile für das Unternehmen bedeuten würden und man im
Verhältnis zu anderen Geschäftsbanken (irrigerweise) glaubt, im Nachteil zu sein. …
Würden solche Manager sich von
ihren – oftmals vorliegenden – „Minderwertigkeits-Komplexen“ erholen, könnten
sie endlich das enorme Chancen-Potenzial
einer Mitglieder-Förderung erkennen, das sie sogar befähigt, Entwicklungen in
Gang zu setzen, von denen Geschäftsbanken eigentlich nur „träumen“ können. …
Wer z.B. mit Sätzen in der
Öffentlichkeit aufwartet, quasi mit „Rechtsverstößen“ in der Öffentlichkeit
Kunden einzuwerben, zeigt damit nur, dass er das „System Genossenschaft und Förderung“ nicht verstanden hat. Es
macht für eine Genossenschaft einfach keinen rechtlichen (auch keinen noch so
kleinen wirtschaftlichen) Sinn, wenn man damit wirbt, dass „Mitglieder
genauso behandelt werden, wie Nicht-Mitglieder“. Solche Manager, mögen sie
noch so gut sein, haben eigentlich keinen Platz in einer Bank, die
mitgliederbezogen entstanden und aufgestellt ist. …
Natürlich wollen wir bei
Genossenschaftsbanken keineswegs einige Besonderheiten verkennen, wie z.B.
die „Banken-Aufsicht“, zumal eine solche „Aufsicht“, die den eindeutigen
gesetzlichen Rechtsbezug (Genossenschaft und Förderauftrag) vielleicht (bisher)
einfach nicht versteht oder nicht verstehen will. ….
Gerade auch dieses letztere
Argument irritiert uns nicht deshalb, weil „Aufsicht“ sich so verhält, wie
sie sich verhält, sondern weil die Mitglieder
irgendwie nichts damit anzufangen wissen, dass Mitgliedschaftsrechte nicht
„gewährt“ oder gar „verschenkt“ werden,
sondern (selbst aktiv) gestaltet
und im Zweifel auch engagiert „verteidigt“
werden müssen. …
Trotz umfangreicher Recherchen
konnten wir bisher nichts erkennen, was darauf hindeutet, dass die Mitglieder
von Genossenschaften, besonders von Bank-Genossenschaften, sich ihrer diesbezüglichen
Verantwortung und Chancen aus
einer Mitgliedschaft bewusst wären.
Dabei handelt es sich gleichermaßen
um Themen mit weniger oder um solche mit mehr
fundamentaler Bedeutung. …
Weniger fundamental könnte es sein,
ob Mitglieder in Sachen Gebühren für Konten besser gestellt (d.h. gefördert)
werden, fundamentaler könnte es sein, wie genau oder besser sich „meine Bank“ auf so ein
tiefgreifendes Thema einstellt, im Falle einer (politischen)
Unbeherrschbarkeit von Folgen aus der permanenten „Geld-Aufblähung“
ihre Mitglieder anders (besser) zu stellen, wie dies
Geschäftsbanken tun können oder wollen. Eine Geno-Bank kann und darf nicht
„Lehman II“ sein. Das würde den Förderzweck völlig auf den Kopf stellen. …
Unser (vorläufiges) Fazit:
Genossenschaften stehen und
bestehen in einem Mitgliedschaftsbezug, dessen „Grundrecht“ das Recht auf Förderung ist.
Dies kann weder von Seiten der
Leitungsorgane, noch von Aufsichtsorganen – ohne latent zu erwartende
Streitigkeiten oder ggf. sogar Schadenersatzforderungen
zu riskieren – ignoriert werden. Hier würden wir dringend empfehlen, aus
Eigeninteresse, selbst eine rechtliche Klärung herbeizuführen, d.h. Eigeninitiative
zu ergreifen.
Wir präferieren jedoch eher, die
vom Gesetzgeber gewollte „wirtschaftliche
Lösungsperspektive“, einen Perspektiv-Wechsel einzuleiten, indem man „Förderung“ als Chance begreift und
damit eine „Rechtsform-Überlegenheit“
anstrebt.
Dazu gibt es einen recht
interessanten und durchaus bekannten Satz aus der Wirtschaft, der hier passend
erscheinen könnte:
„Mach dein Brett vor’m Kopf zu Waffe“ …
Gemeint damit ist, zu beginnen, die
potenziell mögliche Zusammenarbeit mit Mitgliedern so zu gestalten, dass
damit so etwas wie eine „WirKraft“
entsteht, denn das ist genau das, was zur Überlegenheit führt, denn die Zukunft gehört
Wirtschaftssubjekten, die Werte, wie z.B. Vertrauen, Partizipation, Transparenz, etc. präsentieren können
und dabei zugleich – nachhaltig -
erfolgreich sind …
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WirKraftWerke – Eine geniale Idee
setzt sich durch.
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