In der derzeitigen Form ist eine „Gründungs-Prüfung“ nur
eine „zusätzliche Einnahmequelle“ für die Verbände. Der Gesetzgeber ist
dringend gefordert!
Fragen aus der Praxis
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„Gutachterliche Prüfung in der Gründung“
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Der Genossenschaftskommentar - Ein
Leitfaden für die Praxis
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Frage:
Wir haben inzwischen zahlreiche
Anwälte gefragt, was der Sinn einer „gutachterlichen Äußerung“ eines Prüfungsverbandes
sein könnte, wenn es doch vor der Eintragung in das Registergericht
überhaupt noch keine „eG“ gibt? Meist „ernteten“ wir nur ein „breites Grinsen“.
Wir sind vor der Eintragung
noch nicht einmal in der Lage ein „Bankkonto“ zu eröffnen. Außerdem sind
einige potenzielle Mitglieder nicht bereit, vor der Eintrag ins
Register, Mitglied der Genossenschaft zu werden, weil sie in diesem Stadium „unbegrenzt“
haften. Mit Mühe haben wir einige Mitglieder dazu bewogen, in diese „Haftungsfalle“
einzutreten, um „formal“ die geforderten Gremien zu besetzen. Um das Risiko der
„Mutigen“ gering zu halten, haben wir das Haftkapital so gering wie
möglich gehalten. Das hat uns von unserem Prüfungsverband eine Menge unnötige
Rückfragen eingehandelt, weil man meinte, dass die Geschäftsanteile zu gering
seien. …
Außerdem wollten die – wirklichkeitsfremden
- Jungs von der „Verbandsbürokratie“ wissen, wie unser Geschäftskonzept
aussieht. Wir haben – wahrheitsgemäß – von einem „vorläufigen Konzept“
gesprochen. Das wollten die aber nicht gelten lassen. Genauso war es mit dem „Business-Konzept“.
Auch das ist natürlich nur vorläufig, weil die potenziellen
Fördermittel-Einrichtungen sagten, dass wir vor der Eintragung für sie überhaupt nicht „existieren“. Einige
Eltern wollten auch ihre Kinder gern als Mitglieder aufnehmen. Auch das geht
nur mit einer Entscheidung des Familiengerichts. Das ist anders, wenn
die Genossenschaft bereits eingetragen ist. Und das Familiengericht lehnte
das ab, weil man das „Risiko“ für die Kinder nicht abschließend beurteilen
könne. …
Eingedenk dieses Durcheinanders hat
man den Eindruck, dass es gute Gründe gibt, weshalb in Deutschland die
Neugründung von Genossenschaften zu „sparsam“ läuft. Ein Gutes hatte jedoch
die „Episode Gründung – Sprüche und Wahrheit“ schon. Wir haben erfahren, dass
es diese „Luftnummer“ „gutachterliches Orakel“ außer in Deutschland, nur noch
in Österreich gibt. In allen anderen EU-Ländern – wie z.B. Frankreich oder Italien
– kommt man ganz ohne „Gründungsbehinderungen“ aus. Und wir waren
erstaunt, wie gut das geht. Entweder sind die Menschen in Deutschland „blöder“
als in anderen Ländern oder die Verbände sind in Deutschland klüger,
zumindest was das „Verkaufen von Sinnlos-Leistungen“ betrifft. ...
Wie lange wollen wir in Deutschland
uns noch von „gierigen“ Verbänden den möglichen „Gründungs-Boom“ von
Gemeinschaftsunternehmen kaputtspielen lassen?
Also doch lieber eine UG
gründen?
Unsere Anwälte und auch die IHK (!)
- haben uns jedenfalls dazu geraten …, denn es steht zu befürchten, dass auch
die weitere Zusammenarbeit mit solchen Verbänden nichts Gutes erwarten lässt.
An unserer Uni
werde ich jedenfalls – vorerst -nicht mehr für Genossenschaftsgründungen werben
…
Dabei wäre eigentlich alles ganz
einfach: Man gründet ohne die „Luftnummer“ - Gutachten für eine
Genossenschaft, die es noch nicht gibt die Genossenschaft - trägt sie ein und
verpflichtet die Genossenschaft, sich dann einem Prüfungsverband zu suchen
und sich innerhalb des ersten Jahres prüfen zu lassen. Dann macht das auch
Sinn für Kreditgeber, denn die wissen dann wirklich, wie sie die Forma
einschätzen müssen.
In der jetzigen Form ist das etwa
so, als ob man eine Wettervorhersage als Beleg dafür nimmt, wie das Wetter
tatsächlich wird. Der Begriff „Gutachten“ steckt im Begriff „gutachterliche
Äußerung“ drin und erweckt einen Eindruck, der in dieser Form einfach nur „irreführend“
ist. …
Antwort:
Wir könnten es uns einfach machen
und sagen: Jetzt ist dringend der Gesetzgeber gefordert, um dieses Problem so
zu lösen, dass eine Stellungnahme eines Prüfungsverbandes wirklich einen
Wert bekommt. ….
Wir sind nicht Ihrer Meinung,
dass eine Zusammenarbeit zwischen Genossenschaft und Prüfungsverband keinen Sinn
macht, weil es durchaus bei solchen Verbänden eine nicht zu unterschätzende
Kompetenz in Sachen Genossenschaft gibt. Denken Sie nur an den Bereich Förderung
der Mitglieder. Deshalb ist es auch nachvollziehbar, von einer „Betreuungs-Prüfung“
zu sprechen, also den Beratungs- und Betreuungseffekt in den Mittelpunkt zu
stellen. …
Dies gilt ab der Begründung einer Mitgliedschaft
in einem Prüfungsverband.
Mit der letzten Novelle des
Genossenschaftsgesetzes (Ziel: Vereinfachung der Gründung von
Genossenschaften) hat man richtig erkannt, dass es „Rechtsform-Nachteile“
für Genossenschaften gibt. Deshalb hat man auch die Prüfung von
Kleingenossenschaften erleichtert. Wie Sie durchaus zu Recht anführen, gibt
es wohl weitere Vereinfachungsnotwendigkeiten. …
Eigentlich spräche nichts dagegen,
eine Stellungnahme eines Prüfungsverbandes nach der Eintragung
einzufordern. Sie führen richtigerweise an, dass die Genossenschaft im Gründungsstadium
keine Haftungsbegrenzung hat. Aber genau das wollen die Mitglieder
beanspruchen. Deswegen interessiert die Mitglieder – nach – der Eintragung
(und nicht vor der Eintragung) z.B. eine hochwertige Stellungnahme des
Prüfungsverbandes. Sie wollen keine „Orakel-Stellungnahme“, sondern
fundierte Aussagen dazu, wie sich die Genossenschaft tatsächlich entwickeln
könnte. Dazu bedarf es jedoch aller Informationen, besonders auch eines „belastbaren
Businessplanes“, der z.B. keine etwaigen, sondern faktische
Finanzierungsgrundlagen beinhaltet. …
Nur dann kann erst z.B. ein Punkt,
wie „Gefährdung der Belange der Mitglieder“ (§ 11 GenG) überhaupt
beurteilt werden. Ähnlich sind die wirtschaftlichen Verhältnisse,
insbesondere die Vermögenslage der Genossenschaft zu sehen. Da das
eigentliche Unternehmenskonzept – so sehen es Banken und weitere Mitglieder
völlig richtig - erst nach der Eintragung definitiv „Qualität“ bekommen,
würde der Gesetzgeber wirklich gut daran tun, den Zeitpunkt einer „Stellungnahme
mit Verlässlichkeit und höherer Qualität“ des Prüfungsverbandes nach der
Eintragung zu verlagern.
Ihre Frage, ob andere EU-Staaten in
Sachen Genossenschaften sogar ohne „Pflichtgutachten“ oder gar ohne
„Pflichtmitgliedschaft“ in einem Prüfungsverband auskommen, vermögen wir
nicht zu beurteilen.
Die Frage allein schon ist jedoch „Herausforderung“
genug für jeden Verband und den Gesetzgeber. …
Käme jemand auf die Idee, die Frage
nach einer „Harmonisierung des Genossenschaftswesens“ in Europa
stellen, sind wir recht sicher, dass andere Staaten sich nicht dazu
verpflichten lassen würden, sich an Deutschland zu orientieren. Sofern man
solche (durchaus peinlichen) Initiativen aus dem Wege gehen will, sollte man
zunächst dafür sorgen, das deutsche Genossenschaftssystem wieder als „Vorzeige-=Projekt“
zu gestalten. Wer das „Einfallstor Genossenschaftsgründung“ in
Verbindung mit Neugründungen sieht, kann nicht umhin, als genauer zu
untersuchen, woran es liegt, dass es in Deutschland z.B. im Jahre 2017
lediglich 3 (!) Netto-Neugründungen zu verzeichnen hatte, während in
anderen EU-Ländern der Zuwachs an Genossenschaften gleichzeitig boomte.
… Und die gern gepflegte Idee, dass „Gründungs-Gutachten“, „Pflichtprüfung“ von
oder „Pflichtmitgliedschaft in einem Spezialverband“ „etwas damit zu tun
hätte, dass die „Insolvenz-Quote“ dieser Rechtsform deshalb so niedrig sei,
könnte sich auch als „unbewiesene Behauptung“ herausstellen. Also eine
„Harmonisierungs-Klage“ beim Europäischen Gerichtshof riskieren? Das
könnte nicht unbedingt vorteilhaft für Deutschland ausgehen …
Also schaffen wir – aus Einsicht
und im Interesse für einen Fortbestand des deutschen Sonderweges - nicht
unbedingt „künstliche“ Hürden, denn es könnte genau an dieser Stelle durchaus
ein „Klageinteresse“ bestehen, das eine recht große Chance hätte,
erfolgreich – gegen den deutschen Sonderweg - zu enden …
Für einen Sonderweg „Genossenschaft
in Deutschland“ einzutreten wird es nur dann Sinn machen, wenn genau umgekehrt
folgende Situation eintreten würde:
·
Wir könnten andere
EU-Länder davon überzeugen, dass wir in Deutschland wirklich den Spuren von
Raiffeisen und Schulze-Delitzsch „leuchtturmhaft“ gefolgt sind beispielhaft
konsequent vorangegangen sind und weiter gehen werden, besser als dies
die anderen EU-Ländern bisher getan haben ….
Schauen wir uns das Bild - in Bezug
auf Genossenschaftsgründungen - insgesamt an, so wäre eine Novellierung des §
11 Abs. 2 Ziff. 3 GenG ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.im Sinne
eines deutschen „Nachteilsausgleichs“ bei Neugründungen …
Lassen Sie uns eine abschließende
Bitte äußern, die eigentlich weniger mit Ihrer Frage zu tun hat, aber sich
darauf bezieht: Sie verändern Genossenschaftswesen nicht durch „Negativ-Werbung“.
Wichtiger ist jetzt, den Kurs „Pro Genossenschaft“ zu halten und dafür
engagiert zu wirken …
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FragestellerIn: Aufsichtsratsvorsitzender und Student der
Rechtswissenschaften
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Redaktion:
AG Genossenschaftskommentar- in Verbindung mit - SmartCoop Forschungsinstitut
(SCFI)
des
MMWCoopGo Bundesverbandes e.V.
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