GENOSSENSCHAFTS-Kommentar - interaktiv

GENOSSENSCHAFTS-Kommentar (GenKom) ist auch "interaktiv": Sie können uns gern Ihre Fragen zusenden. Sofern Fragen von allgemeinerem Interesse sind, werden wir diese - nebst unseren Antworten - ganz oder auszugsweise - veröffentlichen. Koordination/Redaktion: Gerd K. Schaumann

02.04.17

„Mitglieder-Förderung“ in Genossenschaften ist ein strategischer Unternehmensvorteil - auch für Genossenschafts-Banken …


Bereich:
Mitgliederförderung - Förderzweck

Die Frage:

In unserer Genossenschaft gibt es immer wieder Unklarheit über die Mitgliederförderung. Der Aufsichtsrat vertritt den Standpunkt, dass der Förderzweck nicht nur den Unternehmensgegenstand betrifft, sondern auch viel weiter gehen kann. …
Der Vorstand ist – andererseits - sogar der Auffassung, dass die Mietpreise für Wohnungen für alle Mieter – egal ob Mieter oder Mitglieder-Mieter – gleich sein müssten. Er argumentiert damit, dass die Mitglieder an Ausschüttungen teilnehmen und Nicht-Mitglieder davon ausgeschlossen sind. ...
Der Vorstand verweist auch auf die Volksbanken. Dort müssten sogar die Mitglieder Gebühren für Kontenführung bezahlen und die Kredite seien auch für Mitglieder und Nichtmitglieder gleich. Nun bin ich selbst Mitglied einer Volksbank und erkenne tatsächlich nicht, wie man dort die Mitglieder fördert. Ich zumindest erkenne keinen Unterschied.
Aber das kann wohl kaum der Maßstab sein, den wir bei uns anlegen sollten …
Der aktuelle Konfliktpunkt ist, dass der Aufsichtsrat zur nächsten Generalversammlung eine „Förderrichtlinie für Mitglieder“ zur Beschlussfassung vorlegen wird und der Vorstand bereits signalisiert hat, diese nicht anzuerkennen, auch wenn es zu einem Beschluss kommen sollte. Er meint, die Mitglieder hätten kein Recht, einen Beschluss zu fassen, der z.B. ein Initiativrecht für Mitglieder zur Art der Förderung vorsieht und den Vorstand verpflichtet, im Rahmen der Berichterstattung an die Mitglieder einen eigenständigen „Förderbericht“ 
zu geben und die Mitgliederförderung in Form einer „Förderbilanz“ dazustellen. …
Gibt es eine Möglichkeit, einen solchen Konflikt abzuwenden, ohne dafür die Gerichte zu bemühen?
     
(FragestellerIn – Vorsitzender des Aufsichtsrates einer Wohnungsbaugenossenschaft  

Die Antworten – Ein Auszug:

Die Pflicht zur Mitgliederförderung ist der zentrale Unterschied zwischen einer Genossenschaft und einem Unternehmen anderer Rechtsform.
Im Umkehrschluss müsste man eigentlich die Frage stellen, ob ohne die Mitgliederförderung eine Genossenschaft überhaupt zustande kommen  oder als solche weiterhin bestehen kann bzw. darf. …
Die Mitgliederförderung bezieht sich nicht auf die Genossenschaft als solche, sondern auf die Förderung der Wirtschaft ihrer Mitglieder.

Es gibt im Gesetz weder Festlegungen noch Hinweise darauf, was unter „Förderung“ zu verstehen ist. Der Gesetzgeber überlässt – zu Recht – den Mitgliedern selbst zu entscheiden, wie das aussehen soll ….
Diese Mitglieder artikulieren über den Genossenschafts-Souverän (Generalversammlung), in welchem Umfang, in welcher Form und sogar durch wen dies geschehen soll. Die Genossenschaft kann mit der Umsetzung der Förderung deshalb auch Dritte beauftragen.

Der Unternehmensgegenstand wird spielt für den Förderzweck sicherlich eine wichtige Rolle, denn er bildet die Grundlage, zu der sich die Mitglieder entschlossen haben, Mitglieder zu werden….
In einer Wohnungsgenossenschaft bezieht sich das besonders auf Qualität, Preis und Nutzung einer Wohnung. Wir würden das als „Basis- oder Kernförderung“ bezeichnen. Als „Zweiten Förderkreis“ würden wir solche Förderungen sehen, die einen aus dem Unternehmens-Gegenstand abgeleiteten Bezug haben. Wir nennen das auch die „erweiterte Basis-Förderung“. Hierzu könnte man z.B. eine vorteilhafte Energie-Versorgung oder zusätzlich Betreuungsaktivitäten für Mitglieder nennen.
Als „Drittes Förder-Element“ – sozusagen die eher allgemeine Gemeinschafts-Förderung – wird der Vorteil gesehen, den die Mitglieder dadurch erreichen können, weil sie als Gruppe nach außen auftreten und wirken. Das könnten z.B. der Abschluss von Rahmenvereinbarungen sein oder andere Vorteile, die sich eben daraus ergeben, dass die Mitglieder in oder als  Gemeinschaft handeln. Dazu können auch z.B. die Nutzung von „Card-Systemen“ gehören, die Einkaufsvorteile bieten. …

Dass der Förderzweck kein statisches, sondern ein sehr dynamisches Element ist bzw. sogar sein muss, ergibt sich aus der Natur der Sache, dass Wirtschaft einem ständigen Wandel unterliegt.
Zu Recht hält sich das Genossenschaftsgesetz deshalb auch damit zurück, zu dieser zentralen, ja sogar entscheidenden Figur für jede Genossenschaft, wie der Förderung,   auch nur Hinweise oder Beispiele anzudeuten. Auch, wenn man meinen könnte, das sei geschehen, weil jede Art/Segment von Genossenschaft unter „Förderung“ etwas anderes verstehen könnte, wäre diese „grundlegende Enthaltsamkeit“ eigentlich nicht nachvollziehbar. …
Es mag sein, dass eine Agrargenossenschaft andere Förderzweck-Ausprägungen hat, wie eine Wohnungsbau- oder gar Bankgenossenschaft, dennoch hätte das nicht zu dieser so konsequenten bzw. strikten „Aussage-Enthaltsamkeit“ zur Förder-Thematik führen müssen. Für jede Art von Genossenschaft gäbe es durchaus verallgemeinerbare Formulierungen zu finden, wie z.B. eine Berichterstattung nebst weiterer Intentionen. …

Aber „Fehlanzeige“, der Gesetzgeber übt sich ausgerechnet in der zentralsten Figur des GenG in einer (ungewohnt) kompletten „Enthaltsamkeit“.
Was könnte das Motiv einer solchen Zurückhaltung gewesen sein?
Wenn wir „Versehen“ ausschließen können, muss das Motiv eher etwas mit Absicht zu tun haben!
Der Gesetzgeber unterstellt offensichtlich, dass die Formulierung des Grundsatzes „Förderung der Mitglieder“ als eine Art „Generalklausel“ zu sehen ist, die sozusagen einen „interpretatorischen Grund-Charakter“ für alle Normen des GenG impliziert. …

Das könnte dann sogar heißen, dass – ohne dies besonders erwähnen zu müssen – z.B. Verstöße nach § 34 oder 41 GenG gegeben sein könnten, wenn das „Förder-Gebot“ unberücksichtigt bleibt.
Genereller formuliert könnte man sagen, dass alle Gremien-entscheidungen unter einer Art „Förder-Vorbehalt“ stehen. Anders ausgedrückt, würde das heißen, dass dem Grunde nach  j e d e  Entscheidung, jeder Beschluss, sich daran zu messen hat, in wieweit dadurch das „latente Förder-Gebot“ positiv oder negativ tangiert wird. ….

Wer unter diesem Anspruch „Verfassungen“ (Satzungen) von Genossenschaften beurteilt, ist überrascht, wie wenig dort über das „Fundamental-Prinzip“ (Förderung) ausgeführt wird. Auch Geschäftsordnungen sind nicht gerade „auskunftsfreudig“ bezüglich einer Konkretisierung des „Fundamentals“, also der „Essenz“ der konkreten Genossenschaft. …

Kann man bei fehlenden „Regelungs-Konkretisierungen“ in Satzung oder Geschäftsordnung von dem Grundsatz ausgehen:

·         Was nicht näher geregelt ist, findet nicht statt!?

Eine solche Haltung oder Einstellung kann eigentlich nicht im Interesse der Gremien liegen, denn sie würden – im Falle eines Konfliktes – (deshalb) in eine schwierige Lage geraten, weil dann (fast) jede ihrer Entscheidungen (aktiv oder durch Unterlassung) unter dem „Vorbehalt der förderwirtschaftlichen Nachprüfung“ stünde. …

Eigentlich sollte man Vorständen und Aufsichtsräten dringend empfehlen, aus eigenem Interesse, auf das Vorhandensein von konkretisierenden Förderungs-Regelungen zu drängen. Das ist wohl das Gegenteil, wie es heute (noch) von den Gremien gesehen wird. Sollte es dazu jedoch Urteile, gar verfassungsrechtliche Entscheidungen geben, könnte diese (derzeitige) Passivität leicht zum „Bumerang“ werden. …

Genauso irritiert ist man jedoch, wenn man sich in Satzungen den Katalog „Rechte / Pflichten der Mitglieder“ anschaut. Auch hier, in Bezug auf das essenzielle Thema „Mitgliederförderung“ irgendwie „Sendepause“. …

Ist das nun Gleichgültigkeit, großes Vertrauen in die Geschäftsführung oder schlichtweg nur Unkenntnis? …

Wir gehen hier eher davon aus, dass es Unkenntnis ist. Was jedoch die Frage aufwirft, weshalb dazu die Genossenschafts- und/oder Prüfungsverbände, also die zu vermutenden „Profis“ in Sachen „Förder-Recht“, sich irgendwie in Schweigen oder Ignoranz hüllen. Wer sich unter diesen Prämissen Prüfungsberichte anschaut, wird überrascht, dass zum Thema „Förderung der Mitglieder“ kaum etwas gesagt wird. …

Dabei ist doch genau die Mitglieder-Förderung die Grundlage dessen, weshalb das Prüfungsrecht - in der praktizierten Form - staatlich verliehen und in ihrer Besonderheit immer wieder als notwendig und richtig betont wird. Wer jedoch damit so oberflächlich bis ignorant umgeht, sollte eigentlich froh sein, dass bisher „nur“ dieses Prüfungsprivileg in Kritik kam. Es hätte auch schlimmer kommen können, wenn solchermaßen Unterlassungen auf möglichen Schadenersatz überprüft würden ….

Also ein Fall für die Rechtsaufsicht der Verbände?
Eigentlich schon, aber auch hilfreich?

Nun könnte man sagen, irgendjemand müsse ja feststellen, ob etwas „richtig oder falsch“ sei und das dann „abstellen“ (lassen). …

Wäre aber das wirklich im Sinne des Gesetzgebers und der Intention des Gesetzes?

Wir würden davor warnen, diesen Weg zu gehen, denn er könnte zu dem – ungewollten – Ergebnis führen, dass die (gewollte) Souveränität der Mitglieder eingeschränkt würde. Jeder „Ruf“ nach dem Gesetzgeber ist eigentlich zugleich eine Art „Verweigerungshaltung“, die latent vorhandene und gesetzlich gewollte Chance zu mehr Selbstverantwortung noch weiter wegzuschieben. …

Wir würden eher einen Weg darin sehen, Maßnahmen zu ergreifen, endlich die (bewusste) Offenheit zur Konkretisierung mit Inhalten als Chance zu sehen und dann mit Leben zu füllen!

Dazu könnten Regelungen, wie Sie von Ihnen zu Recht initiiert wurden, sehr dienlich sein. Der Einstieg in das Förder-Thema kann in der Tat durch die Schaffung einer eigenständigen Förder-Richtlinie geschaffen werden. Achten Sie jedoch bitte darauf, dass Sie das „Kind nicht mit dem Bade ausschütten“. Damit meinen wir, dass es wenig Sinn macht, nunmehr alle möglichen Arten und Formen von „Förderung“ aufzulisten und damit zwei Probleme zu „riskieren“:

·         Sie verkennen, dass Förderung ein dynamischer Prozess ist, der einem stetigen Wandel unterliegt. Was heute im Kontext von Förderung Priorität bei den Mitgliedern hat, kann morgen bereits „sinnwidrig“ sein. Deshalb empfiehlt sich keine „enumerative“, sondern eher eine beispielhafte, allgemeiner gehaltene Formulierung – sozusagen - eine Art „Generalklausel“, die es ermöglicht, aktuelle Beschlüsse der Generalversammlung aufnehmen zu können.
·         Das Förder-Prinzip – was klar erkannt und beachtet werden muss – ist kein „Spielfeld“ für „ich wünsch mir was“. Der Grundsatz, dass nur gefördert werden kann, was die Zukunftsfähigkeit der Genossenschaft nicht gefährdet, sollte strikt berücksichtigt werden. Das könnte z.B. damit erreicht werden, dass man einen gemeinsamen „Förder-Ausschuss“ einsetzt, in dem sowohl die Geschäftsleitung, wie auch Aufsichtsrat und (qualifizierte) Mitglieder vertreten sind. „Neutralen Sachverstand“ einzubeziehen ist möglich und sinnvoll, denn es ist ein Beratungs- und kein Gestaltungs-Gremium und kann deshalb auch Nicht-Mitglieder umfassen.

Eigentlich nicht nachvollziehbar ist, weshalb sich „Ihr“ Vorstand gegen etwas sperrt, was die Essenz der Genossenschaft ausmacht. Wir würden empfehlen, dazu dringend den gemeinsamen Diskurs zu wählen und zunächst den Vorstand aufzufordern darzulegen, weshalb er zu dieser – unverständlichen – Blockadehaltung kommt, die ihn in arge Probleme bringen könnte, weil er offensichtlich nicht verstanden hat, dass genau dies das Kernstück – und die wirkliche Chance – dieser Unternehmensform ist, die er nicht sieht oder sehen will. …

Wir wissen, dass viele Manager – gerade bei Genossenschaftsbanken – fast blindwütig sich darauf konzentrieren, dass „Förderung“ Nachteile für das Unternehmen bedeuten würden und man im Verhältnis zu anderen Geschäftsbanken (irrigerweise) glaubt, im Nachteil zu sein. …
Würden solche Manager sich von ihren – oftmals vorliegenden – „Minderwertigkeits-Komplexen“ erholen, könnten sie endlich das enorme Chancen-Potenzial einer Mitglieder-Förderung erkennen, das sie sogar befähigt, Entwicklungen in Gang zu setzen, von denen Geschäftsbanken eigentlich nur „träumen“ können. …

Wer z.B. mit Sätzen in der Öffentlichkeit aufwartet, quasi mit „Rechtsverstößen“ in der Öffentlichkeit Kunden einzuwerben, zeigt damit nur, dass er das „System Genossenschaft und Förderung“ nicht verstanden hat. Es macht für eine Genossenschaft einfach keinen rechtlichen (auch keinen noch so kleinen wirtschaftlichen) Sinn, wenn man damit wirbt, dass „Mitglieder genauso behandelt werden, wie Nicht-Mitglieder“. Solche Manager, mögen sie noch so gut sein, haben eigentlich keinen Platz in einer Bank, die mitgliederbezogen entstanden und aufgestellt ist. …

Natürlich wollen wir bei Genossenschaftsbanken keineswegs einige Besonderheiten verkennen, wie z.B. die „Banken-Aufsicht“, zumal eine solche „Aufsicht“, die den eindeutigen gesetzlichen Rechtsbezug (Genossenschaft und Förderauftrag) vielleicht (bisher) einfach nicht versteht oder nicht verstehen will. ….

Gerade auch dieses letztere Argument irritiert uns nicht deshalb, weil „Aufsicht“ sich so verhält, wie sie sich verhält, sondern weil die Mitglieder irgendwie nichts damit anzufangen wissen, dass Mitgliedschaftsrechte nicht „gewährt“ oder gar „verschenkt“ werden, sondern (selbst aktiv) gestaltet und im Zweifel auch engagiert „verteidigt“ werden müssen. …

Trotz umfangreicher Recherchen konnten wir bisher nichts erkennen, was darauf hindeutet, dass die Mitglieder von Genossenschaften, besonders von Bank-Genossenschaften, sich ihrer diesbezüglichen Verantwortung und Chancen aus einer Mitgliedschaft bewusst wären.

Dabei handelt es sich gleichermaßen um Themen mit weniger oder um solche mit mehr fundamentaler Bedeutung. …

Weniger fundamental könnte es sein, ob Mitglieder in Sachen Gebühren für Konten besser gestellt (d.h. gefördert) werden, fundamentaler könnte es sein, wie genau oder besser sich „meine Bank“ auf so ein tiefgreifendes Thema einstellt, im Falle einer (politischen) Unbeherrschbarkeit von Folgen aus der permanenten „Geld-Aufblähung“    
ihre Mitglieder anders (besser) zu stellen, wie dies Geschäftsbanken tun können oder wollen. Eine Geno-Bank kann und darf nicht „Lehman II“ sein. Das würde den Förderzweck völlig auf den Kopf stellen. …

Unser (vorläufiges) Fazit:

Genossenschaften stehen und bestehen in einem Mitgliedschaftsbezug, dessen „Grundrecht“ das Recht auf Förderung ist.
Dies kann weder von Seiten der Leitungsorgane, noch von Aufsichtsorganen – ohne latent zu erwartende Streitigkeiten oder ggf. sogar Schadenersatzforderungen zu riskieren – ignoriert werden. Hier würden wir dringend empfehlen, aus Eigeninteresse, selbst eine rechtliche Klärung herbeizuführen, d.h. Eigeninitiative zu ergreifen.

Wir präferieren jedoch eher, die vom Gesetzgeber gewollte „wirtschaftliche Lösungsperspektive“, einen Perspektiv-Wechsel einzuleiten, indem man „Förderung“ als Chance begreift und damit eine „Rechtsform-Überlegenheit“ anstrebt.

Dazu gibt es einen recht interessanten und durchaus bekannten Satz aus der Wirtschaft, der hier passend erscheinen könnte:

„Mach dein Brett vor’m Kopf zu Waffe“ …

Gemeint damit ist, zu beginnen, die potenziell mögliche Zusammenarbeit mit Mitgliedern so zu gestalten, dass damit so etwas wie eine „WirKraft“ entsteht, denn das ist genau das, was zur Überlegenheit führt, denn die Zukunft gehört Wirtschaftssubjekten, die Werte, wie z.B. Vertrauen, Partizipation, Transparenz, etc. präsentieren können und dabei zugleich – nachhaltig - erfolgreich sind …

WirKraftWerke – Eine geniale Idee setzt sich durch.

Fragen bitte an info@menschen-machen-wirtschaft.de richten.

01.05.15

Wahlfreiheit von Prüfungsverbänden und Prüfungsaufträgen


Frage:

Wir sind eine kleinere Genossenschaft. Mit unserem bisherigen Prüfungsverband gab es immer wieder Meinungs-verschiedenheiten. Diese betrafen insbesondere die Art der Betreuung und die recht hohen Kosten für die Prüfung.
Wir haben deshalb von unserem Recht Gebrauch gemacht, uns einem weiteren Prüfungsverband anzuschließen, um zu „testen“, ob deren Betreuung unseren Vorstellungen besser entspricht.
Um einen Vergleich zu haben, haben wir den „neuen“ Prüfungsverband mit der Durchführung der nächsten Prüfung beauftragt.
Jetzt kommt jedoch der „alte“ Prüfungsverband und verlangt von uns, dass wir uns auch zusätzlich von ihm prüfen lassen sollen. Das heißt: Für die Jahre, für die bereits eine Prüfung vom „neuen“ Verband durchgeführt wurde, soll nochmals geprüft werden.
Der „alte“ Verband begründet das damit, dass er die „älteren“ Rechte hätten.
Er klagt inzwischen gegen uns auf Durchführung einer weiteren Prüfung!
Können wir zu einer solchen „Doppelprüfung“ verurteilt werden?
Damit wird unser Recht auf freie Wahl des Prüfungsverbandes total eingeschränkt.
Macht die freie Verbandswahl überhaupt einen Sinn, wenn wir erst den „neuen“ Verband mit der Prüfung beauftragen können, wenn zu Kündigungsfrist zum „alten“ Verband abgelaufen ist?
Wir wollen doch gerade durch die Doppelmitgliedschaft eine Vergleichsmöglichkeit schaffen, ob ein Wechsel des Verbandes für uns Sinn macht. Das können wir aber nur „testen‘“, wenn wir den „neuen“ Verband mit der Prüfung beauftragen, ohne bereits aus dem „alten“ Verband ausgeschieden zu sein. …   
   
             
GK-Antwort:

Lassen Sie uns aufzeigen, wie deutlich die Meinungen zu diesem Thema auseinander gehen.

Das Landgericht Gera sagt dazu kürzlich (AZ O 1512/13) ganz klar und eindeutig:
Es ist „Sache der Genossenschaft, die in freier Entscheidung die Mitgliedschaft in zwei oder mehreren Prüfungsverbänden begründen konnte, sodann auch frei zu entscheiden, durch welchen Prüfungsverband die Pflichtprüfung des § 53 GenG vorgenommen werden soll‘“.
Und zur Duldung eines Anspruches auf Prüfung des „älteren“ Verbandes, obgleich bereits die Prüfung durch den „neuen“ Verband erfolgt ist, sagt das LG: Die Genossenschaft muss selbst dann nicht die Prüfung durch den „älteren“ Verband dulden, wenn der „neue“ Verband noch nicht zu Prüfung durch die Genossenschaft beauftragt wurde (aber wohl beauftragt wird).

Das Thüringer OLG (7 U 344/14) relativierte jedoch inzwischen diese Entscheidung recht erheblich und schränkte das Wahlrecht von Genossenschaften, mehreren Prüfungsverbänden zeitgleich  anzugehören und zwischen den Leistungsangeboten frei zu wählen, fast gänzlich ein.

Schauen wir uns zunächst nur den Leitsatz dieser Entscheidung an, wird  diese gravierende Einschränkung des Wahlrechtes einer Genossenschaft kaum deutlich. Wer die Gerichtsentscheidung jedoch näher analysiert und deren Inhalte mit dem Leitsatz vergleicht, könnte fast meinen, dass beide nicht den gleichen Tatbestand betreffen …

Zunächst der Leitsatz des OLG:

„Ist eine Genossenschaft Mitglied in mehreren Prüfungsverbänden, so steht ihr grundsätzlich ein Wahlrecht hinsichtlich des, die Pflichtprüfung nach § 53 Satz.2 GenG ausführenden, Prüfungsverbands zu. Der Prüfwechsel ist jedoch gegenüber dem bisherigen Prüfungsverband eindeutig sowie innerhalb einer angemessenen Frist zu erklären.“

Wer nur den Leitsatz liest wird sagen, die Freiheit von Genossenschaften, zur Wahl eines Prüfungsverbandes wird gestärkt. Viel anders sagt dies das
LG Gera auch nicht.

Dennoch wird durch die Entscheidung des OLG Thüringen nicht nur die Entscheidung des LG Gera aufgehoben, sondern die freie Wahl von Prüfungsverbänden für Genossenschaften wird tendenziell „ausgehebelt“.

Zu dieser „Einsicht“ kommt das OLG über den Umweg des Vereinsrechts.

Der kritische Leser könnte jetzt fragen:
Wird da das Vereinsrecht etwa über die Grundrechte gestellt?

Schauen wir uns an, wie das OLG argumentiert.

Von der Genossenschaft wird eine besondere vereinsrechtliche Rücksichtnahme- und Treuepflicht zu dem Verband eingefordert, dem er bereits angehörte.  
Das heißt verkürzt gesagt: Deren Satzung zu beachten.
Und um welche „Pflichten“ könnte es genauer gehen, an die sich die Genossenschaft halten soll?

Satzungen der Prüfungsverbände nennen hierzu insbesondere die Pflicht, sich „prüfen zu lassen“.

Das OLG sagt jedoch zugleich, dass sich eine Genossenschaft mehreren Prüfungsverbänden anschließen kann. Zugleich weiß aber das OLG auch, dass jede Satzung eines Prüfungsverbandes beinhaltet, dass ein Mitglied damit – satzungsmäßig – bei jedem Prüfungsverband dem es beitritt, zugleich die Pflicht hat, sich auch von diesem „prüfen zu lassen“.

Das würde bedeuten, dass bei zwei Mitgliedschaften in Prüfungsverbänden auch zweimal die Pflicht bestünde, sich „prüfen zu lassen“.

Damit würde die – unbestrittene - Wahlfreiheit, sich mehreren Prüfungsverbänden anschließen zu können, jedoch nur eine „Pflichtprüfung“ zu benötigen, scheinbar zu einem Problem.

Dieser „Zwickmühle“ versucht das OLG dadurch zu entgehen, dass es die „Figur“ der „älteren Rechte“ kreiert.

Eine solche „Kunstfigur“ kennet jedoch das Vereinsrecht nicht.

Machen wir es plastisch. Wer sich entschließt, mehreren „Tanzvereinen“ anzugehören, kann wohl kaum dazu gezwungen werden, ausschließlich bei dem Verein zu tanzen, dem es zuerst angehörte.

Nun mag man einwenden, dass auch kein Tanzverein eine Pflicht zum „Tanzen“ der Mitglieder in seiner Satzung hat und wenn es sie hätte, wäre sie vermutlich kaum „durchzusetzen“.

Es gibt viele Pflichten, die ein Mitglied in einem Verein haben könnte, wie z.B. Beiträge zu zahlen oder den Verein nicht zu schädigen, aber eine „Pflicht“ zur Abnahme einer konkreten Leistung, das wäre sicherlich – gelinde gesagt – kaum grundrechtskonform, egal wie „strikt“ das eine Satzung einfordern würde.

Das OLG durchbricht jedoch eine solche Sichtweise und meint, dass dies bei Prüfungsverbänden durchaus anders sein könnte, weil sie eine gesetzlich bestehende „Pflicht zur Prüfung“ einer Genossenschaft zu gewährleisten hätten und weil dazu die Prüfungsverbände Kontinuität und Berechenbarkeit bei der Leistungsabnahme benötigten.

Und das sei nur für Prüfungsverbände zu schaffen, wenn sie sicher sein könnten, dass sie auch während einer Kündigungsfrist ihre Mitglieder noch zur Leistungsabnahme gesichert „verpflichten“ könnten …

Das OLG „opfert“ für diese Sichtweise faktisch die Aufhebung der Wahlfreiheit für Genossenschaften, sich zugleich – sinnvoll – mehreren Prüfungsverbänden anschließen zu können.
Ein scheinbar „organisationstechnisches Defizit“ von Prüfungsverbänden, mit Wettbewerbssituationen klarzukommen, wird hingenommen, ohne zu fragen, ob dies wirklich bestehen muss oder vielleicht nur „hausgemacht“ ist.

Ohne solches näher zu beurteilen, macht sich das OLG die Behauptung eines Prüfungsverbandes zu eigen, dass dieser für seine Leistungsangebote bestimmte Mitgliederzwänge benötige.  

Außerdem lässt das OLG ungeprüft, ob sich möglicherweise manifeste Anhaltspunkte für eine Genossenschaft ergeben könnten, vom einem Leistungsangebot (Pflichtprüfung) eines der Prüfungsverbände, der sie angehört, vorübergehend Abstand zu nehmen.

Gänzlich unverständlich bleibt die Entscheidung des OLG dann, wenn es gar sozusagen einer Genossenschaft „verbietet“, dem „älteren“ Prüfungsverband das Prüfungsrecht zu entziehen, wenn die vereinsrechtliche Kündigungsfrist – oftmals 24 Monate - noch nicht abgelaufen ist.

Abgesehen von „gravierenden Meinungsverschiedenheiten“ kann es durchaus auch andere – gut nachvollziehbare – Gründe geben, weshalb sich eine Genossenschaft entschließen könnte, einen anderen Prüfungsverband mit der Prüfung zu betrauen. Nehmen wir z.B. an, dass sie ihren Förderzweck verändert hat und die Genossenschaft der Auffassung ist, sich deshalb von einem Prüfungsverband betreuen und prüfen zu lassen, der für sie „stimmiger“ ist.

Hierzu schematisch zu urteilen, dass die Leistungen aller Prüfungsverbände deshalb gleich sein müssten, weil sie alle die Anerkennung als Prüfungsverbände hätten, verkennt völlig die Bedeutung, dass auch Genossenschaften einem immer schnelleren „Marktwandel“ unterworfen sind und deshalb spezialisierte Leistungsangebote nachfragen müssen.
  
Das OLG ignoriert auch eine andere Entwicklung in den meisten Prüfungsverbänden: Deren Existenzfähigkeit ist längst nicht nur auf das Thema „Pflichtprüfung“ ausgerichtet oder davon abhängig.

Werfen wir dazu einen Blick in die Satzungen von Prüfungsverbänden.
Sie haben geregelt, dass nicht nur Mitglieder aufgenommen werden können, die (prüfungspflichtige) Genossenschaften sind, sondern auch solche Mitglieder, die einer gesetzlichen Pflichtprüfung überhaupt nicht unterliegen.

Zulässig dürfte es sogar sein, dass Prüfungsverbände ihre Leistungen auch für eine Anzahl von Mitgliedern anbieten, die nicht die Rechtsform einer Genossenschaft haben. So könnten Prüfungsverbände auch Unternehmen in der Rechtsform einer GmbH aufnehmen, sofern die Genossenschaften die Mehrzahl der Mitglieder ausmachen. Prüfungsleistungen könnten also auch durchaus hierfür erbracht werden.

Wir sehen daran, dass die Prüfungsverbände auf ein Privileg „ältere Rechte“ kaum angewiesen sind, wie diese es vortragen.

Sie haben offensichtlich längst selbst „Vorsorge“ getroffen, um mehr Wettbewerb aushalten zu können.    

Wenn der Gesetzgeber eine Notwendigkeit zum „Schutz“ von Prüfungsverbänden gesehen hätte, wäre zu fragen, warum er es dann nicht selbst entsprechend regelt hat? Die Novellierung des Genossenschaftsgesetzes von 2006 wäre dazu eigentlich ideal gewesen.

Im Verhältnis zu dem, wie der „Markt“ der Prüfungsverbände sich in den letzten Jahren entwickelt hat, konstatieren wir heute mehr Wettbewerb zwischen Prüfungsverbänden, denn es gibt inzwischen erheblich mehr Prüfungsverbände – bezogen auf die Anzahl der Genossenschaften – als früher …

Die Prüfungsverbände sind also seit Jahren aufgefordert, sich auf diese Entwicklung einzustellen. Und das ist ihnen durchaus gut gelungen, sodass sie eines „Sonderschutzes“, wie ihn das OLG sieht ganz offensichtlich nicht bedürfen.

Und ein weiteres scheint das OLG ebenfalls auszublenden.

Seit einiger Zeit gibt es gesetzliche Überlegungen, das Genossenschaftswesen weiter zu reformieren. Der Referentenentwurf eines „Gesetzes zur Einführung der Kooperationsgesellschaft und zum weiteren Bürokratieabbau bei Genossenschaften“ sieht u.a. vor, dass kleinere Genossenschaften (KoopG) unter einem Umsatzerlös von 500 TEU und einem Jahresüberschuss von nicht mehr als 50 TEU gänzlich von der Pflichtprüfung befreit werden sollen.

Die sich für das „Pflichtprüfungswesen“ daraus ergebenden Folgen dürften wesentlich gravierender sein, wie sie aus einer „Binnenbewegung“ von genossenschaftlichen Pflichtprüfungen aufgrund Wahlfreiheit von Genossenschaften sich wirklich ergeben.

Das OLG macht sich – unbelegte - Behauptungen eines Prüfungsverbandes, der offensichtlich nicht mit ganz normalen Wettbewerbsentwicklungen zu Recht kommt, zu eigen,  um daraus zu schließen, dass quasi zum Schutze solcher „Unbeholfenheit“, die  Wahlfreiheit von Genossenschaften – bei der Vergabe des „Pflichtprüfungs-Mandates“ einzuschränken sei.
    
Dass damit das OLG einer positiven genossenschaftlichen Gesamtentwicklung eigentlich überhaupt keinen Gefallen tut, ist ihm sicherlich nicht bewusst.

Ein Blick in das europäische Umland, wie z.B. nach Italien, Spanien, Frankreich, Tschechien und vielen anderen Staaten zeigt, wie ein modernes Genossenschaftswesen floriert und sich exponentiell besser als in Deutschland entwickelt.

Und das OLG dürfte überrascht sein:

Dort kommt man komplett ohne Prüfungspflicht und sogar ohne Prüfungsverbände aus …


Dennoch gibt es dort starke Genossenschaftsverbände und werden von denen hochqualifizierte Leistung – auch in Sachen Prüfungen – angeboten!

18.04.15

Förderzweck – Das KERN-Stück jeder Genossenschaft

Frage:

Als Aufsichtsrat einer Genossenschaft bin ich mir nicht sicher, was genau der Förderzweck bedeutet, insbesondere wie weit dieser ausgebaut werden kann …
Gibt es dazu einige Ideen?
   
             
GK-Antwort:

Lassen Sie uns zunächst ganz allgemein antworten:
Eine Definition, die den Förderzweck festlegt oder einschränkt gibt es nicht.
Aus dem gewählten Unternehmensgegenstand ergibt sich so etwas wie eine grundlegende Orientierung, in welche Richtung der KERN-Bereich des Förderzweckes ausgerichtet ist.
Nehmen wir dazu praktische Beispiele, vielleicht eine Wohnungsbaugenossenschaft und eine Energiegenossenschaft.

Bei einer Wohnungsbaugenossenschaft wird das vorrangige Interesse der Mitglieder wahrscheinlich in folgende Richtung gehen:
·         Wohnraumversorgung (Miete)
·         Wohneigentum bilden
Der Förderzweck, weitgehend auf die Interessen der „nachfragenden“ Mitglieder gerichtet könnte dann sinngemäß lauten:
·         Preisvorteile, Mieterschutz, gezielte Eigentumsbildung.
Der Förderzweck orientiert sich – zunächst - vorrangig an der Ausrichtung der Genossenschaft, der sich aus dem „Zweck bzw. Gegenstand des Unternehmens“ (Satzung) ergibt.

Etwas unklarer könnte es sein, den Förderzweck einer Energiegenossenschaft in seinem KERN zu bestimmen. Dies gilt vor allem dann, wenn die Genossenschaft nicht direkt Energie an ihre Mitglieder liefert oder von Mitgliedern selbst erzeugte Energie über die Genossenschaft vermarktet.
Oft findet man hier so etwas wie einen „erweiterten“ Förderzweck. Die Mitglieder möchten z.B. einen Beitrag zur „Energiewende“ leisten. Die Genossenschaft bündelt hier z.B. die Geschäftsanteile der Mitglieder, um selbst in größeren Mengen „umweltkonforme“ Energie zu erzeugen, z.B. durch Anschaffung von entsprechenden Energieerzeugungssystemen (BHKWs, Solarfelder, Windanlagen, usw.).

Als einzige Rechtsform hat eine Genossenschaft das „Fördern“ ihrer Mitglieder – gesetzlich – fixiert: Sie muss sozusagen – um diesen gesetzlichen Vorgaben gerecht zu werden, ihre MITGLIEDER fördern.
Mit der Umsetzung des Förderzweckes kann die Genossenschaft auch teilweise oder gänzlich Dritte beauftragen.

Dass eine Genossenschaft auch Rendite ausschüttet, ergibt sich sozusagen als Folge ihres wirtschaftlichen Handelns.
Eine Rendite ist jedoch allenfalls eine Ergänzung zum Förderzweck, jedoch niemals deren KERN.
Ausschließlich mittels der Förderung der Mitglieder eine Rendite zu erzielen ist möglich. Jedoch die Mitgliederförderung lediglich auf die Rendite zu reduzieren, die aus Drittgeschäften gespeist wird, würde dem Genossenschaftsgedanken zuwider laufen.       

Nun wäre es vermessen, z.B. von einer Wohnungsbaugenossenschaft zu erwarten, dass alle Mitglieder auch tatsächlich Anspruch auf z.B. preiswerten Wohnraum haben. Leicht einzusehen, dass bei Geschäftsanteilen von z.B. 500 EUR je Mitglied kein Wohnraum zu schaffen ist.
Um dem Ziel einer tatsächlichen Realisation näher zu kommen, kann die Genossenschaft satzungsmäßig festlegen, dass – gebunden an z.B. die Größe des Wohnraums – die Höhe der Mindest-Geschäftsanteile differenziert und eine Mindesthöhe festgelegt wird.
Aber auch das wird – gerade in der Aufbauphase einer Genossenschaft – nur schwer darstellbar sein.
Daraus ergibt sich, dass der Förderzweck keine „Anspruchsgrundlage“ für konkrete Einzelmitglieder sein kann und ist, sondern eine „Generalnorm“ und latenter Auftrag zum Handeln bedeutet.
Andererseits kann jedoch auf einen Förderzweck nicht verzichtet werden, weil damit die Frage im Raum steht, ob das Unternehmen überhaupt eine Genossenschaft ist …
Die Lösung:
Es bietet sich an, eine separate „Förder-Richtlinie“ für die Mitglieder zu erarbeiten und zu beschließen. In dieser Richtlinie wird genauer festgelegt, wie die Durchführung der Förderung geplant ist.

Abschließend noch ein wichtiger Hinweis:

Je größer eine Genossenschaft ist, umso interessanter ist es, die Förderung zugunsten der Mitglieder systematisch zu erweitern. So entstehen vielfältige Möglichkeiten von Gruppenvorteilen, die zugunsten der Mitglieder entfaltet werden können. Dazu empfiehlt sich, den Kontakt mit den Mitgliedern systematisch und intensiv zu pflegen.

Zusammengefasst:

·      Beim Förderzweck geht es immer um die Förderung der Mitglieder. In diesem Sinne ist z.B. auch die gesetzliche Definition (§1 GenG) zu verstehen, die bei einer Genossenschaft von einem „gemeinschaftlichen Wirtschaftsbetrieb“ spricht.
·         Der Förderzweck ist grundsätzlich offen für zusätzliche Fördermöglichkeiten, die sich zugunsten der Mitglieder im Laufe der Zeit ergeben.
·         Entwicklung und Ausgestaltung des Förderzwecks gehört zu den grundlegenden Aufgaben des Vorstandes, diesen zu überwachen, zur Aufgabe der Aufsichtsräte.
·         Der Förderzweck ist immer und ausschließlich mitgliederbezogen und muss über den Renditegesichtspunkt hinausgehen. Damit ist z.B. kein Förderzweck gegeben, wenn eine Wohnungsbaugenossenschaft lediglich Wohnungen an Dritte vermietet oder Häuser zum Erwerb von Dritten baut. Das schließt jedoch nicht aus, dies zu tun, sofern seitens der Mitglieder tatsächlich kein Interesse besteht.  





   

11.04.15

Das Recht auf Informationen über die Termine von Generalversammlungen

Frage:

Ich bin Mitglied einer größeren Genossenschaft. Noch nie habe ich eine Einladung zu einer Generalversammlung erhalten. Auf Nachfrage erhielt ich folgende Antwort: Gemäß unserer Satzung wird zu Generalversammlungen durch eine Anzeige in der „Frankfurter Allgemein Zeitung“ eingeladen. Das hat meiner Meinung nach nichts mit Demokratie, Vertrauen und Gemeinschaft zu tun, worum es doch in einem modernen Genossenschaftswesen eigentlich geht. … 
Hier scheint es eher darum zu gehen, Distanz zu den Mitgliedern zu halten, um egoistische Interessen von einigen Wenigen „Machtträgern“ zu pflegen.
Was kann und was sollte man dagegen tun?
   
             
GK-Antwort:

Zunächst ganz allgemein gesagt: Genossenschaften, die solche Satzungsregelungen haben, sollte man meiden, wenn man Wert auf Mitwirkung legt.
Leider ist erst bei wenigen Menschen das usgeprägt, was ein Modernes Genossenschaftswesen unabdingbar benötigt: SELBSTVERANTWORTUNG.
Wer Teil einer solchen Gemeinschaft werden will, muss ein Minimum an Verantwortung auf- und einbringen wollen. Wer darauf verzichtet, sollte sich später nicht „wundern“, wenn die Dinge anders laufen als gedacht….

Sicherlich gibt es auch durchaus gute Gründe, weshalb man wählt, dass eine Veröffentlichung z.B. über die Homepage erfolgt. Hier könnte es z.B. um das Thema gehen: Nachweis, dass alle Mitglieder eingeladen wurden.
Das ist besonders bei Genossenschaften mit vielen Mitgliedern, die zudem noch weit verstreut wohnen, der Fall sein.
Einladungen per Post sind recht aufwändig, kosten viel Geld und stellen nicht sicher, dass eine Generalversammlung angefochten wir, weil einige Mitglieder behaupten können, dass ihnen Briefe nicht oder nicht rechtzeitig zugegangen seien.
Dieses Argument ist nicht von der Hand zu weisen, ändert aber auch nichts an dem, was Sie kritisieren, denn es gibt heute durchaus Möglichkeiten, Mitglieder besser zu informieren, ohne wesentlichen Mehraufwand und Mehrkosten.

Dafür sind z.B. folgende Kombinationen denkbar:

·         Zum Nachweis der ordnungsgemäßen Einladung an alle Mitglieder veröffentlicht man auf der Homepage. Schon hier stellt sich die Frage, ob diese Veröffentlichung wirklich erst 14 Tage vor der Generalversammlung erfolgen muss, oder ob man nicht längere Fristen wählt. Das Gesetz legt Mindestfristen fest, zugunsten der Mitglieder kann diese Frist ohne weiteres auch 4 Wochen oder auch mehr betragen …
·         Nichts spricht dagegen, zusätzlich auch die Mitglieder über E-Mail zu informieren. Auch wenn nicht jedes Mitglied über eine solche Adresse verfügen sollte oder diese veralten könnte, ist hier eindeutig erkennbar, dass man sich um die Teilnahme der Mitglieder bemüht.
·         So eine Kombination lässt sich auch satzungsmäßig verankern, man muss nur genug  w o l l e n, dass Mitglieder (faktisch) kommen (können)…

Lassen Sie es uns so zusammenfassen:

·         Wer in Satzungen liest, dass tendenziell wenig oder überhaupt kein Interesse am Erscheinen der Mitglieder besteht, sollte  v o r  der Entscheidung zur Mitgliedschaft nachfragen, ob man gewillt ist, ihm „Zusatzangebote genau dazu zu machen. Warum keine gesonderten Zusagen vereinbaren? Lassen Sie sich doch einfach vom Vorstand der Genossenschaft bestätigen, dass man Sie zu jeder Generalversammlung zusätzlich per E-Mail einlädt. Und erst, wenn das erfüllt ist, treten Sie bei …. Wird das nicht erfüllt, treten Sie eben nicht bei.

Übrigens:

Bewusst handelnde Mitglieder sind zwar noch die Ausnahme. Aber je mehr es sich rumspricht, dass man sich besser als bisher auf eine Mitgliedschaft „vorbreiten“ muss, umso eher werden sich Veränderungen anbahnen.